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4.5. Konzeptionelle Überlegungen

   (4.1 Acts und Facts)
   (4.2 EP an der Hannah-Arendt-Schule - Was bisher geschah)
   (4.3 Die Sicht des Kollegiums)
   (4.4 Die Sicht der Leitung)
4.5 Konzeptionelle Überlegungen
    4.5.1. Zeitnutzungsschemata
    4.5.2 Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle
    4.5.3 Inhalte und Altersstufen
    4.5.4 Konkrete Vorschläge
    4.5.5 Schlussbemerkung
 

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4.5.1. Zeitnutzungsschemata

4.5 Konzeptionelle Überlegungen
    4.5.1. Zeitnutzungsschemata
    4.5.2 Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle
    4.5.3 Inhalte und Altersstufen
    4.5.4 Konkrete Vorschläge
    4.5.5 Schlussbemerkung

Die organisatorische Umsetzung konkreter Vorhaben wird umso leichter gelingen, je weniger in die üblichen Muster der Zeitnutzung eingegriffen wird. Ich habe daher geprüft, in welche der derzeit üblichen Zeitfenster sich eo Aktionen integrieren lassen und wo Konflikte vorherzusehen sind. Die nachfolgende Aufstellung ist daher nicht als ein Programm zu lesen, sondern eher als eine "Speisekarte", aus der Passendes ausgewählt werden kann.

Um einen Überblick zu behalten, ist es hilfreich auf die Zeitstruktur-Tabelle zurückzugreifen.

Schule, klassenbezogen:

1. Bewegungsrunde: Nach der ersten Doppelstunde und vor dem Schulfrühstück wird eine obligatorische Bewegungsrunde für alle SchülerInnen gemeinsam durch eine Lehrkraft begleitet. Meist ist dies ein Spaziergang zu einem bestimmten Ziel (z.B. zum Waldrand). Denkbar wäre, hier gelegentlich kleinere Parcours einzubauen, einen Barfußparcour, eine Nightline, einen Hindernislauf etc. Viel Zeit kann hier nicht in Anspruch genommen werden, ca. 15 Minuten stehen zur Verfügung. Der Auf- und Abbau müsste in Verbindung mit anderen Aktionen stehen, vielleicht bereiten einige SchülerInnen hier etwas für andere vor.

2. Spiel: In einigen Klassen sind Spieleinheiten fester Bestandteil von Unterricht. Als Zugang zu bestimmten Themen oder als Ausgleich zum "Stillesitzen" bieten sich hierfür eine Reihe von kleineren Bewegungs- oder Wahrnehmungseinheiten an. Es gibt außerdem eine große Auswahl an Spielen, die aufregend und herausfordernd sind und echte Lernaufgaben stellen. Sie werden unter dem Oberbegriff der kooperativen Abenteuer- und Interaktionsspiele zusammengefasst. Der Zeitbedarf für solche kleinen Einheiten und Spiele ist sehr unterschiedlich, so dass aus den vielfältigen möglichen die passenden herausgesucht werden können (vgl. Gilsdorf/Kistner 1995, Reiners 1992, Cornell 1991).

3. Sport: Im Sportunterricht können Outdoor-Sportarten bekannt gemacht werden, z.B. in Form von kleineren Schnuppereinheiten. In längeren Einheiten (z.B. ein Halbjahr) könnten Grundkenntnisse in einer dieser Sportarten, z.B. Kanu- / Kajakfahren (nach Wahl der SchülerInnen) erworben werden. Eine Kooperation mit regionalen Vereinen erhöht die Fachlichkeit des Angebotes, ermöglicht u.U. die Teilnahme an Prüfungen und stellt persönliche Verbindungen für diejenigen her, die ihre Kenntnisse vertiefen und schon während der Schulzeit, v.a. aber danach einem solchen Verein angehören wollen.

Außerdem lassen sich Einheiten durchführen, welche den Zusammenhang von Bewegung und Persönlichkeitsentwicklung in besonderer Weise betonen, wie z.B. Angebote aus dem Bereich Psychomotorik oder die schon erwähnten kooperativen Abenteuer- und Interaktionsspiele. Explizit als EP-Veranstaltung über einen längeren Zeitraum und für Schulen konzipiert, ist das amerikanische "Project Adventure" (vgl. Feierabend 1997). In den üblichen 2 bis drei Schulstunden ist einiges erreichbar, bei den Outdooraktionen sind u.U. Wegezeiten zu berücksichtigen. 4. Klassenunterricht: Highlights bieten Orientierungspunkte, Inseln im bisweilen eintönigen Fluss des Alltagslebens. Die Planung solcher Highlights in Form von Ausflügen, Lerngängen und Fahrten sowie die Vorbereitung darauf schafft eine Verbindung von Alltag und Ereignis und bietet zahlreiche Möglichkeiten der Einbindung einzelner Fächer, also ganz im Sinne klassisch projektorientierten Arbeitens. Dazu kann beispielsweise das Erstellen einer Packliste oder einer Einkaufsliste mit Errechnung des Lebensmittelbedarfs (Mathematik), die Erkundung von Reisemöglichkeiten, oder das Trainieren bestimmter Fertigkeiten z.B. die Orientierung mit Karte und Kompass (Erdkunde) gehören. Auch die Nachbereitung der Erlebnisse, das Aufgreifen der Erfahrungen, ihre Dokumentation und Präsentation bietet jede Menge Unterrichtsstoff. Wenn es gelingt, solche Vor- und Nachbereitungen auch für die einzelnen Fächer fruchtbar zu machen, sind keine allzu großen Konflikte hinsichtlich der Zeitnutzung zu befürchten.

5. Klassenprojekte: Als Klasse gemeinsam komplexe Aufgaben zu bewältigen, stellt hohe Anforderungen an die Klassengemeinschaft. Eine eo Ausrichtung stiftet in besonderem Maße Beziehungen und verhilft zu einer solidarischen Klassengemeinschaft. Eo Aktionen sind außerdem geeignet, einen fächerübergreifenden Rahmen herzustellen und Inhalte praktisch, leiblich und emotional erfahrbar zu machen. Da die LehrerInnen in ihrer Zeiteinteilung sehr frei sind, müssen sie die Zeit, welche sie hier einplanen, v.a. mit ihren anderen Zeitansprüchen vereinbar machen. Bezüglich der Fächer gilt hier das beim Klassenunterricht gesagte entsprechend.

6. Schullandheim: Klassenfahrten können so gestaltet werden, dass sie eine hohe Erlebnisorientierung aufweisen. Dies kann im Sinne einer klassischen erlebnispädagogischen Kurswoche (z.B. bei albErgo) geschehen, als Fahrt mit Kurscharakter u.U. in Kooperation mit Fachleuten (z.B. Kletterkurs) oder als Fahrt mit herausfordernden Elementen (z.B. Selbstversorgung, Radtour). (Zu den (intentionalen) Unterschieden vergl. auch Kapitel 3.4.) Der Grad der Herausforderung lässt sich dabei, je nach Klasse und Jahrgang, vielfältig variieren. Üblicherweise stehen hier 5 Tage zur Verfügung. Ob eine Verlängerung durch Einbeziehung von Wochenenden möglich ist, hängt nicht nur von den Ansprüchen auf freie Zeit des Personals und der SchülerInnen ab, sondern kann u.U. auch zu einer höheren finanziellen Belastung führen.

7. Praktika: Einen Anschluss an das Gemeinwesen und zwar speziell an solche Institutionen, die aufregende, erlebnisreiche und gleichzeitig dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten betreiben, also an Rettungsdienste wie Rotes Kreuz, DLRG, Feuerwehr oder Technisches Hilfswerk, können entsprechende Praktika vermitteln. Werden sie eingebunden in eine langfristige Kooperation, dann haben beide Seiten davon einen Nutzen. Ob neben den Betriebspraktika und den schulischen Anforderungen noch Zeiten für solche Gemeinwesen-Praktika gefunden werden können, müsste gründlich geprüft werden, könnte aber zumindest als Probelauf versucht werden.

8. Außerunterrichtliche Tagesveranstaltungen: Neben den bisherigen Aktivitäten, welche ohnehin einen starken Bewegungs- und Outdooraspekt beinhalten, wären zusätzlich deutlich ep akzentuierte Einzelaktionen denkbar. Solche Tagesveranstaltungen können gute "Testeinheiten" sein. Nicht nur SchülerInnen können in neue Felder vorstoßen, ohne zugleich längere Verpflichtungen einzugehen, auch LehrerInnen haben die Möglichkeit, erste Erfahrungen in bestimmten Bereichen zu machen. Darüber hinaus dienen solche Tagesaktionen einer Klassen-Diagnostik: Welche Kompetenzen und welche Schwierigkeiten gibt es in dieser Gruppe, wie werden welche Aktionen angenommen.
Mit der Zeitvorgabe eines ganzen Vormittages bzw. Tages ist dies zumindestens gut vereinbar.

Schule, klassenübergreifend:

1. Halbjahresprojekte, Projekttage, Schulprojekt: Lebensbedeutsame Themen können in eo Projekten bearbeitet werden. Die Wahl eines geeigneten Mediums ermöglicht eine konkret-praktische Bearbeitung ansonsten sehr abstrakter Themen (z.B. Thema Verlässlichkeit und Vertrauen im Medium Klettern). Ansonsten können eo Aktionen, wie in den Klassenprojekten, die Zugänge zu bestimmten Themen erweitern. Die für Projekte vorgesehene Zeit am späten Dienstag vormittag von 2 bis 3 Schulstunden, bzw. eines ganzen Vormittages in den Klassen 7 bis 9, bietet einen guten Handlungsspielraum.

2. AG: In der klassischen Form als freiwillige Aktion am Nachmittag ist dies nicht möglich, da die Zeiten am Nachmittag durch die Tagesgruppen verplant sind. Eine Möglichkeit bestünde in einem Wochenendangebot, wobei neben der Schwierigkeit, das pädagogische Personal dafür zu gewinnen, auch bedacht werden muss, ob dadurch nicht einer Überpädagogisierung Vorschub geleistet wird. Die andere Möglichkeit wäre ein gemeinsames Angebot von Schule und Teilstation.

3. Spielpause, Mittagspause: Erlebnisorientierte Angebote können SchülerInnen neue Anregungen liefern. Es ließe sich das Schulgelände entsprechend gestalten. Dies kann als feste Installation geschehen, z.B. eine (in einem Projekt entstandene) Kletterwand oder als befristeter Aufbau eines Angebotes, welches SchülerInnen, die bestimmte Elemente erlernt haben, installieren und beaufsichtigen (z.B. eine Seilrutsche). Es macht Freude, die Tätigkeiten, die einem selber Spaß machen, anderen nahezubringen und es übt in Verantwortung, wenn SchülerInnen als Sicherheitsexperten gebraucht werden. Die kurzen Zeiten lassen hier jedoch keine aufwendigeren Auf- und Abbauaktionen zu, wenn sie nicht in einem anderen Rahmen ohnehin durchgeführt werden. Die Zirkusgruppe wirkt in diesem Sinne deutlich in dieses Zeitfenster hinein, als von der Möglichkeit, sich in dieser Zeit Zirkusmaterialien, z.B. Einräder, auszuleihen, zunehmend Gebrauch gemacht wird.

4. Schulbühne: Die Präsentation einer gelungenen Dokumentation von Ereignissen, z.B. ein Videofilm oder die Vorführung einer spektakulären Aktion (z.B. ein Hochseilmanöver) dokumentiert das Geleistete über den Rahmen der unmittelbar Beteiligten hinaus und kann andere neugierig machen.

5. Schulfest: Wie in der Schulbühne kann hier präsentiert werden, und wie beim Spiel können SchülerInnen als Sicherheitsexperten und Anleiter auftreten, das Publikum ist jedoch erheblich größer. Dies erfordert eine gründliche Vorbereitung und beschert "Lampenfieber". Die Herausforderung ist also nochmals enorm, umso größer ist aber auch der Stolz, wenn alles geklappt hat.

Es soll im folgenden nicht der Eindruck erweckt werden, als stünden der Schule auch die Zeitfenster der Nachmittagsbetreuung zur freien Planung zur Verfügung. Dennoch will ich auch in diesem Bereich die Zeitnutzungsmuster prüfen, um so die Möglichkeiten, die sich hier böten auszuloten.

Teilstation, gruppenbezogen:

1. Gruppenaktivität: Ob eine Gruppe nach dem Wochenplanrhythmus arbeitet oder über eine längere Zeit sich einer Epochenarbeit zuwendet, die Einbeziehung von eo Elementen in die Gestaltung der Gruppenaktivitäten könnte zur Bereicherung beitragen.

2. Ferienfreizeit: Die Freizeiten werden auch jetzt schon aktiv und draußen veranstaltet, die Kanadier sind z.B. schon mehrfach zum Einsatz gekommen. Ob eine noch deutlichere Hinwendung zur EP dabei erwünscht und zweckmäßig ist, wäre einer Diskussion wert.

Teilstation, gruppenübergreifend:

1. Freispiel: Hier bieten sich die gleichen Chancen wie in der schulischen Spielpause, wobei der Stellenwert dieses Freispiels sicherlich höher zu bewerten ist als der einer Pause; auch die zur Verfügung stehende Zeit von 75 Minuten lässt eine konkrete Umsetzung realistischer erscheinen.

2. Werkstätten: In diesem Zeitfenster könnten neben den offenen Werkstätten auch pädagogisch angeleitete oder zumindestens beaufsichtigte eo Angebote stattfinden, sofern es hierfür zusätzliche bzw. freie Kapazitäten gibt, was in dieser Zeit aber eher unwahrscheinlich ist, da hier auch des öfteren Übergabe- und Hilfeplangespräche stattfinden.

3. Schwerpunktgruppen: Ein eo Angebot würde sich gut in die Palette der Bewegungsgruppen einreihen. Ein dezidiert auf Persönlichkeitsentwicklung zugeschnittenes Angebot unterstriche den pädagogisch-therapeutischen Charakter. 105 Minuten sind hier vorgesehen, nach vorne durch die Hausaufgabenstunde, nach hinten durch die Heimfahrt begrenzt.

Eingriff in Zeitnutzungsschemata

Die detaillierte Aufstellung zeigt, dass in den vorhandenen Zeitfenstern einige eo Aktionen Platz finden können. Insofern dürfte es möglich sein, verschiedene Aktionen durchzuführen ohne mit den üblichen Zeitnutzungsschemata in Konflikt zu geraten.

Dennoch ist der Zeitbedarf bei manchen Aktionen größer. Dies hat zum einen damit zu tun, dass das Gelände verlassen werden muss und Wegzeiten anfallen. In meinem Verständnis von eo Aktionen ist auch die Frage wichtig, in welcher Art und Weise man einen Weg zurücklegt und was dabei "erlebt" wird. Ein Fußmarsch von einer halben Stunde beispielsweise, halte ich dem Gesamtbild einer Aktion für zuträglich. Eine Fahrt mit dem "Taxi" zum Erlebnisort, wo alles bereits vorbereitet ist und ich nur noch meinen "Kick" abhole, wird zum "Erlebnishopping" ganz im Sinne Schulzes (1992); das kann es nicht sein! Der Weg hat zudem den Aspekt der selbstständigen Gestaltbarkeit, der Wegfindung, es ist also dem Fußmarsch, der Radtour oder dem ÖPNV der Vorzug gegenüber dem PKW zu geben. Weil aber solchermaßen zurückgelegte Wege Zeit brauchen, werden hier wohl immer wieder Abstriche gemacht werden müssen, wenn auf bestimmte Aktionen nicht völlig verzichtet werden soll.

Ein weiterer bereits kurz angedeuteter Aspekt ist die Selbsttätigkeit, die in sehr kurzen Zeiteinheiten kaum entstehen kann. Das selbsttätige Handeln, das Entwickeln eigener Vorstellungen und Ideen ist aber zentraler Bestandteil einer eo ausgerichteten Aktion. Werden komplexere Aufgaben in kurzen Zeiteinheiten angegangen, so wird man regelmäßig beobachten, dass der Anleiter viele Instruktionen gibt und schnell "helfend" eingreift, um der "Sache" zu einem Erfolg zu verhelfen. Durch Wiederholung und Einübung bestimmter Handlungen kann zudem eine Vertrautheit und Sicherheit im Umgang mit den entsprechenden Aufgaben entstehen, was aber ebenfalls genügend Zeit voraussetzt.

Zum dritten ist der Aufwand bei manchen Aktionen so groß, dass kurze Zeiteinheiten schlicht ineffektiv bleiben müssen. Ob Boote ins Wasser geschleppt, Klettermaterialien installiert und Klettergurte angezogen oder eine Menge Baustoffe und Werkzeug herumgetragen werden müssen – der Aufwand der Vor- und Nachbereitung, des Auf- und Abbaus, des Hin- und wieder Verräumens muss in einem angemessenen Verhältnis zu der Aktionszeit stehen.

Zeitfenster von zwei bis drei Schulstunden sind aus all diesen Gründen für eine Reihe von Aktionen viel zu eng, ein ganzer Vor- oder Nachmittag wäre günstiger. Werden Aktionen im Klassenverband unternommen, so können LehrerInnen dies entsprechend planen. Sollen Veranstaltungen dieser Art klassenübergreifend stattfinden, so bietet sich hier insbesondere der gemeinsame Projekt-Vormittag der Klassen 7 bis 9 an.

Werden im Rahmen der Schwerpunktgruppen eo Aktionen durchgeführt, die den Zeitrahmen von 105 Minuten sprengen, so könnte dies einerseits durch eine Verlängerung nach hinten geschehen, wobei dann zu klären wäre, wie die Heimfahrt der Teilnehmenden zu einem späteren Zeitpunkt zu bewerkstelligen ist (ÖPNV) und ob dies nicht auch Konflikte mit den Zeitnutzungsmustern in den Familien produziert. Interessant wäre diese Verlängerung nach hinten in Kombination mit einer Übernachtungsaktion. Soll die Aktionszeit schon früher als 16.00 beginnen, so gerät sie in Konflikt mit der Hausaufgaben- und Übstunde, die den Nachmittag in zwei Hälften teilt. Ob hier eine Verschiebung oder eine andere Rhythmisierung gewünscht und möglich ist, wäre zu klären. Könnte direkt nach dem Mittagessen begonnen werden, ergäbe sich ein Zeitfenster von 3,5 Zeitstunden innerhalb der regulären Nachmittagszeit.
 

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4.5.2. Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle

4.5 Konzeptionelle Überlegungen
    4.5.1. Zeitnutzungsschemata
    4.5.2 Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle
    4.5.3 Inhalte und Altersstufen
    4.5.4 Konkrete Vorschläge
    4.5.5 Schlussbemerkung

Die organisatorische Einbindung von innovativen Vorhaben sollte zweckmäßigerweise zunächst als befristetes Experiment erfolgen (siehe hierzu auch Hiller in dieser Arbeit) . Dies erhöht nicht nur die Akzeptanz, sondern ermöglicht auch "die gründliche Reflexion des Erreichten durch "Innehalten". In Ruhe lässt sich der Stand des Projekts würdigen und man kann prüfen, ob die Planung tatsächlich in die gewünschte Richtung geführt hat" (Schubert 1998, S. 137).

Diese Reflexion darf dabei keine Veranstaltung sein an der lediglich die unmittelbar in dem Projekt involvierten Personen teilnehmen, vielmehr werden hierfür auch die Meinungen von "wohlwollende(n) Beobachter(n) innerhalb und außerhalb (der) Schule" (ebd. S.136) benötigt um einer sich allzu schnell einschleichenden "Betriebsblindheit" vorzubeugen.

Auch wenn es notwendig ist, immer auch langfristige Perspektiven zu entwickeln, sollten die konkret geplanten Schritte einen deutlich markierten Anfangs- und Endpunkt haben. Zum Einstieg bieten sich kleinere Vorhaben an, die in überschaubaren Zeiteinheiten von maximal einem Schuljahr durchgeführt werden.

Darüber hinaus wird es aber auch wichtig Muster zu entwickeln, die Zeiträume von 2 bis 3 Schuljahren übergreifen, um der Gefahr einer beliebigen Ansammlung von unverbundenen Einzelaktionen entgegenzuwirken. Hierfür ist zum einen die Erstellung einer detaillierten Personal- und Finanzplanung von Nöten. Zum anderen muss eine Zustimmung des Kollegiums in einer verbindlichen Form erfolgen ggf. sogar in Form eines Vertrages zwischen Schulleitung und Kollegium, der festlegt, was von wem in welchem Umfang verlangt werden kann bzw. wer sich wofür verbindlich bereit erklärt.

Aus dem Kollegium kam bereits der Vorschlag, es solle sich eine Arbeitsgruppe gründen, in der sich diejenigen versammeln, die die Erlebnisorientierung der Schule in Konzeption und Praxis vorantreiben möchten. Hier sollten dann m.E. Vorschläge entwickelt und erprobt werden, welche dann zu einem späteren Zeitpunkt wiederum in das gesamte Kollegium eingebracht werden. Die Dauer dieser Erprobungs- und Entwicklungsphase sollte eindeutig terminiert werden, gekoppelt mit einem Termin, an dem die Arbeitsgruppe Rechenschaft über ihr Tun gegenüber dem Kollegium ablegt.

Für die erste Phase sei auf die Empfehlungen von Schubert verwiesen: "Sie sollten erreichen, dass (das Projekt) zumindestens geduldet wird. Dies erreichen Sie am besten dadurch, dass Sie die Skeptiker in Ruhe lassen, sie weder durch erzwungene Mitarbeit noch durch moralischen Druck verstören. Im Übrigen hält man sie über das Projektgeschehen auf dem Laufenden" (ebd. S.135).

Werden durch die geplanten Aktivitäten die Zeitablaufstrukturen an der Schule tangiert oder wird eine Unterstützung von nicht direkt Involvierten benötigt, so müssen hierfür einvernehmliche, eindeutige und verbindliche Lösungen gefunden werden.
 

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4.5.3. Inhalte und Altersstufen

4.5 Konzeptionelle Überlegungen
    4.5.1. Zeitnutzungsschemata
    4.5.2 Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle
    4.5.3 Inhalte und Altersstufen
    4.5.4 Konkrete Vorschläge
    4.5.5 Schlussbemerkung

Ein altersgestuftes und aufeinander aufbauendes Konzept, ließe sich am "grünen Tisch", bzw. hier in dieser Arbeit erstellen. Ich denke aber, dass es besser ist, wenn ein solches Konzept aus der Reflexion der selber veranstalteten Experimente entsteht und dann der notwendige Theorie-Input hinzukommt. Dieses Vorgehen scheint mir auch vor dem Hintergrund einer im Kollegium festgestellten Diskrepanz zwischen ideologisch-theoretischer und konkret-praktischer Zustimmung angezeigt. Eine u.U. große Debatte zur curricularen Verankerung bliebe hohl ohne praktische Erfahrungen.

Gleichwohl sollten von Anfang an grundsätzliche Erwägungen bei der Auswahl von Aktionen einbezogen werden, um nicht einem perspektivlosen Aktionismus zu verfallen. Unterschiedliche Möglichkeiten der Umsetzung und der inhaltlichen Begründung, wurden im Kapitel 2 dieser Arbeit vorgestellt. Die Bandbreite reicht von Freizeitgestaltung über Handlungsorientierung zu gruppendynamisch und persönlichkeitsbildend orientierten Ansätzen.

Die Themenwahl ist auch altersabhängig. Bei SchülerInnen bis Klasse 6 wird regelmäßig die Gruppenfindung und das gemeinsame Erleben im Vordergrund stehen. Ab Klasse 7 oder 8 wird es notwendig, die Perspektiven für die Zeit nach der Schule in die Planung von Vorhaben einzubeziehen. Die Vorbereitung auf das Leben in der Gesellschaft und auf das Erwerbsleben erhält zunehmend steigenden Stellenwert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Jugendliche sich in anderer Weise auf die Gesellschaft und ihre eigene Stellung in ihr beziehen, als Kinder dies tun. Gerade dieses Finden einer eigenen Position, einer eigenen Identität in Bezug auf die vorhandenen und zu erwartenden Bedingungen und Möglichkeiten, kann als typisch für die Jugendzeit angesehen werden. Hierzu Thiersch (1993): "Jugend ist die Zeit, in der Heranwachsende sich erproben, mit sich experimentieren müssen, sich vor sich und anderen beweisen müssen, um zu erfahren, wer sie unter den anderen und in der Welt sind. Abenteuer als Ineinander von Stärke und Risiko, als Aufbruch in eine Ungewißheit, in dem man sich vor sich selbst beweisen muß, drängt sich als Lebensmuster förmlich auf. Abenteuer, so gesehen, ist eine der Jugend besonders adäquate Lebensform" (ebd. S.47).

Von daher ist Abenteuer- und Erlebnispädagogik in besonderer Weise für Jugendliche attraktiv und diesem Lebensabschnitt angemessen. Welche Aufgaben dabei eine Schule zu leisten hat, die Erlebnisorientierung zu ihrem besonderen Merkmal macht, ist im Kapitel 3.3 diskutiert worden.
 

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4.5.4. Konkrete Vorschläge

4.5 Konzeptionelle Überlegungen
    4.5.1. Zeitnutzungsschemata
    4.5.2 Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle
    4.5.3 Inhalte und Altersstufen
    4.5.4 Konkrete Vorschläge
    4.5.5 Schlussbemerkung

Ich konzentriere mich daher bei den konkreten Vorschlägen zum einen auf Arrangements für Jugendliche. Auch der Schulleiter hatte ja eine Priorität für solche Aktionen in der "Oberstufe" gesehen. Zum anderen habe ich solche Aktionen gewählt, die für sich alleine stehen können, mit einem mäßigen Mehraufwand zu bewerkstelligen sind und somit als Einstieg geeignet sind. Gleichzeitig können diese Vorhaben aber auch zu Elementen eines erlebnisorientierten Curriculums werden.

Ich habe keine Vorschläge zur Veränderung des normalen Unterrichtsgeschehens im Sinne der eo Elemente  gemacht, da hierfür keine genaueren Planungen oder umfangreichere Absprachen im Kollegium von Nöten sind und jede LehrerIn die Möglichkeit, hat damit zu experimentieren und im Austausch mit anderen neue Dinge zu entwickeln.

Die Vorschläge sind keine "Erfindung" von mir, sondern knüpfen bewusst an die Überlegungen und Planungen von Kollegium und Schulleitung an.

Schullandheim bei albErgo

Der Termin hierfür ist bereits seit einiger Zeit für Ende Oktober 99 gebucht, ich werde den Kurs als albErgo-Mitarbeiter ausrichten. Es werden die Klassen 7, 8 und 9 gemeinsam dorthin fahren, dies sind in diesem Schuljahr nur 10 SchülerInnen. Die beiden Neuntklässler waren vor vier Jahren schon einmal mit ihrer damaligen Klasse bei albErgo. Neben den beiden Klassenlehrerinnen wird noch die Sportlehrerin an der Veranstaltung teilnehmen.

Der diesjährige Schullandheimaufenthalt soll ganz im Zeichen der Vorbereitung auf das (Erwerbs-) Leben nach der Schulzeit stehen und wird daher in vollständiger Selbstversorgung durchgeführt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema "Etwas durchhalten" hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Nicht gleich die "Brocken hinschmeißen", sondern gemeinsam mit anderen Strategien entwickeln, die helfen auch "Durststrecken" zu überwinden, soll bei albErgo mit Hilfe von EP-Aktionen gelernt werden. Sich auf Unbekanntes und Neues einlassen (Job, Wohnung), sich bisweilen überaus harten Anforderungen gegenübersehen (Leistungsdruck, Meister) und in angstbesetzte Situationen geraten (Prüfung, Vorstellungsgespräch), sind Kennzeichen eines nachschulischen Lebens. In EP-Aktionen sollen diese Situationen nachgebildet werden und eigene Wege in der Bewältigung solcher Aufgaben gefunden werden.

Konkret ist daher als Höhepunkt der Woche eine zweitägige Tour geplant. Die SchülerInnen werden in zwei bis drei Kleingruppen selbstständig und ohne pädagogisches Personal unterwegs sein. Sie werden sich mit Hilfe von Karten und Wegmarkierungen auf einer Route bewegen, die sie zuvor in die Karte eingezeichnet haben und die zwingend über bestimmte Kontrollpunkte führen muss, an denen eine Nachricht mit Uhrzeit und Befindlichkeitszustand hinterlassen werden soll. Übernachtet wird in einer kleinen Forsthütte, wo sie auch wieder ihre LehrerInnen treffen und die Nacht mit ihnen verbringen. Evtl. entschließt sich eine Gruppe in einem aus Planen erstellten Biwak im Freien zu übernachten. Die Gruppen sind so ausgerüstet, dass sie alles zum Schlafen und Kochen dabei haben, was im Falle von totaler Orientierungslosigkeit sehr hilfreich ist. Insbesondere der zweite Tag, wenn Schultern und Füße bereits weh tun, stellt enorme Anforderungen an das "Durchhalten". Um eine halbwegs zuverlässige Orientierung der Gruppen zu gewährleisten, müssen zuvor einige einschlägige Übungen gemacht werden.

Der Schullandheimaufenthalt soll zudem das Thema eines Zeitungsartikels werden, den die SchülerInnen im Rahmen eines Wettbewerbs des Südkuriers erstellen wollen. So wird nicht nur einiges über das Zeitungswesen gelernt, sondern die Erfahrungen, die bei albErgo gemacht werden, stehen von Anfang an immer unter der Frage: Wie werde ich anderen davon berichten, warum wird diese Aktion durchgeführt, was hat das mit meinem jetzigen und zukünftigen Leben zu tun. Die SchülerInnen müssen bereits im Vorfeld verschiedene Aufgaben verteilen: Wer beobachtet was, wer macht Notizen, wer fotografiert, wer macht Interviews etc..

Die Woche wird in enger Absprache zwischen den LehrerInnen und dem albErgo Team vorbereitet, Aktionen und Reflexionseinheiten mit Blick auf die inhaltlichen Vorgaben und die Einbindung in das unterrichtliche Geschehen ausgewählt. Eine neue Art der Reflexion, als Auswertung der 2 Tagestour, möchte der Schulleiter ausprobieren: Die SchülerInnen sollen mit Hilfe von zuvor festgelegten Farben je einzeln "Stimmungsverlaufskurven" erstellen (in welchen Situationen war die Gruppe an einem Tiefpunkt, was hat weitergeholfen, was waren die Highlights), die anschließend in den Kleingruppen zu einem Trommelstück weiterverarbeitet und den anderen vorgeführt werden. Damit ist die Hoffnung verbunden, Dinge (v.a. Gefühle) thematisieren zu können, die bei einem bloßen "darüber reden" nicht zugänglich werden.

Im Anhang habe ich den Finanzierungsplan für diese Fahrt dokumentiert. Die Kosten von ca. DM 300.- pro SchülerIn werden durch einen Schüler- bzw. Elternbeitrag von DM 150.-, durch eine Spende der teilnehmenden LehrerInnen in Höhe der bewilligten Vergütungen für außerunterrichtliche Veranstaltungen (ca. DM 240.- pro Lehrkraft), sowie einen Zuschuss aus dem Posten "Außerunterrichtliche Veranstaltungen" des Schuletats (ca. DM 850.-) bestritten. Die teilnehmenden LehrerInnen erhalten keine zusätzliche Freizeit- oder sonstige Vergütung.

Sportunterricht als Outdooreinheit.

Im Rahmen eines dreistündigen Sportunterrichts könnten Natursportarten zum Thema werden. Solche Einheiten sollten m.E. ca. 3 Monate lang zu einem Thema veranstaltet werden, um ein solides Grundwissen in der jeweiligen Sportart zu erzeugen. Eine solche Veranstaltung könnte ich mir gut als reine Outdooreinheit vorstellen; günstigerweise sollte diese dann in den Sommermonaten liegen. So kann erfahren werden, dass es durchaus möglich ist, sich draußen auch bei schlechtem Wetter zu bewegen, wenn man mit entsprechender Schutzbekleidung ausgerüstet ist. Über das Erlernen einer Sportart hinaus, sind solche Veranstaltungen in besonderer Weise soziale Lernfelder. Die kooperative Bewältigung einer (Lern-)Situation und das Meistern von bedrohlich erscheinenden Situationen haben einen hohen Stellenwert.

Vergleichsweise einfach ließe sich dieses für den Bereich Paddeln und Klettern umsetzen. Der nahe Bodensee und die zwei Kanadier, die die Einrichtung angeschafft hat, bieten günstige Bedingungen für eine Umsetzung des Ersteren. Zum Klettern kann in den ca. 15 km entfernten Klettergarten gefahren werden, im nahen Wald lassen sich einige Vorbereitungs- und Übungseinheiten sowie Baumkletteraktionen durchführen. Soll Klettern in einer Halle durchgeführt werden, müssten Klärungen mit der Hohentwiel-Gewerbeschule im nahegelegenen Singen und der Singener Alpenvereinsgruppe vorgenommen werden, die gemeinsam eine Kletterwand in der Turnhalle als Kooperationsprojekt errichtet haben. Ich habe bei einer ersten Kontaktaufnahme festgestellt, dass die Schule einer regelmäßigen Nutzung eher ablehnend gegenüber stünde .

Die Kletterausrüstung müsste zum Teil ausgeliehen bzw. die bestehende (minimale) Ausrüstung vervollständigt werden.

Die "schuleigene" Diplom-Sportlehrerin hat Erfahrungen in beiden Bereichen. Der Sportunterricht findet auch jetzt schon in Doppelbesetzung statt, was zur Gewährleistung von Sicherheitsstandards in diesen Sportarten auch absolut notwendig ist.

Die gemeinsame Ausrichtung einer solchen Veranstaltung mit einem ortsansässigen Verein bietet zusätzliche Möglichkeiten. So können u.U. bestimmte Prüfungen vorbereitet, absolviert und zertifiziert werden und es wird den SchülerInnen erleichtert, sich einem solchen Verein anzuschließen, falls sie sich weiterhin in dieser Sportart betätigen wollen. Ich unterstelle dabei, dass der persönliche Kontakt zu Anleitern von Vereinen eine günstige Startbedingung für eine Vereinsmitgliedschaft darstellt. Wird zudem der Kontakt zu den Anleitern dauerhaft gepflegt, können, falls schwierige Situationen in der Integration der SonderschülerInnen in das Vereinsleben entstehen, diese frühzeitig erkannt und möglicherweise durch Beratung seitens des sonderpädagogischen Personals für alle erträglich gestaltet werden. Staatliche Schulen haben die Möglichkeit, solche Fachleute als sogenannte Lehrbeauftragte ehrenamtlich für eine Vergütung von DM 13,60 (!) pro Stunde zu bestellen; als Privatschule hat die HAS keinen Zugang zu diesem Topf.

Fächerübergreifendes Projekt: Auf dem Rhein nach Schaffhausen

In Verbindung mit einer Unterrichtseinheit Kanu/Kajak im Sportunterricht, in dem die entsprechende Technik erlernt wird, lässt sich ein fächerübergreifendes Projekt entwickeln, das seinen Höhepunkt in einer ein- bis zweitägigen Kanutour auf dem Rhein vom Bodensee nach Schaffhausen hat. So wird ein Spannungsbogen vom Erlernen von Technik und der Aneignung von Wissen über die Aktionstage wieder zurück zum Unterricht mit der Aufarbeitung des Erlebten erzeugt, der eine Verbindung von Routine und Ereignis schafft.

Verschiedene Fächer könnten hier eingebunden werden. Nachfolgend einige unsystematische Einfälle:

Kooperations-AG am Wochenende

Eine Outdoor- oder Adventure-AG ließe sich, wie gezeigt, eigentlich nur am Wochenende durchführen. Wenn dies einmal im Monat stattfindet, teils als Tagesaktion, teils als mehrtägige Unternehmung, dürfte dies für die betroffenen SchülerInnen und Lehrkräfte noch zu ertragen sein. Eine solche AG könnte den Abenteuer- und Draußenaspekt gegenüber einer eher sportlichen Ausrichtung in besonderer Weise betonen und damit ein Vielzahl von Betätigungsmöglichkeiten (siehe nächster Punkt, AFG) aufzeigen. Günstig wäre es, wenn eine solche AG auch mehr oder weniger kommerzielle eo Angebote von einschlägigen Veranstaltern und Vereinen nutzt, um rechtzeitig Anschluss an die entsprechende "Szene" zu eröffnen. Damit kann auch verhindert werden, dass schulisch inszenierte eo Aktionen nicht zu einer "Paralellaktion" verkommen, abgeschottet von dem, was jenseits von Schule längst schon stattfindet.

Diese AG könnte besonders fruchtbar sein, wenn sie als Kooperationsveranstaltung angelegt ist und sich dabei an dem Modell der ungleichen Partner orientiert (siehe hierzu auch Kapitel 2.1.4). Konkret hieße das: Kooperation von SchülerInnen der Klassen 7 bis 9 der HAS mit GymnasiastInnen z.B. der Klassen 10 bis 13. Damit werden zwei Gruppen zusammengeführt, die über höchst unterschiedliche Lebenswelthintergründe verfügen. Ich hege die Hoffnung, dass Beziehungen zwischen einzelnen entstehen, die auch nach der Schulzeit noch Bestand haben und die getragen sind von einem gemeinsamen Sachinteresse, z.B. Klettern. Auf diese Weise könnte es gelingen, zumindest für einige der SonderschülerInnen Vertrauenspersonen zu finden, die – im Falle des Bedarfs - in ihren Netzwerken Ressourcen ausfindig machen könnten, zu denen SonderschülerInnen in der Regel keinen Zugang haben. Ich habe bereits Sondierungsgespräche mit in Alpenvereinskreisen bekannten Gymnasiallehrern geführt und habe am Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen einen Lehrer ausfindig gemacht, der starkes Interesse an einer solchen Veranstaltung geäußert hat. Er hat bereits eine Kooperationsveranstaltung mit einer G-Schule gemacht und bietet gelegentlich in den Sommerferien Aktivfreizeiten für die eigenen SchülerInnen in Zusammenarbeit mit einem professionellen Anbieter an.

Eine solche Kooperations-AG bietet auch finanziell gesehen Vorteile. Im Rahmen des Landesprogramms "Gemeinsam handeln, einander erleben" können Zuschüsse für kooperative Begegnungsveranstaltungen für Fahrt-, Unterbringungs-, Material- und ähnliche Kosten beim zuständigen Schulamt beantragt werden. Dies gilt auch für freie Träger. So können die Teilnehmerbeiträge für Unternehmungen niedrig gehalten werden und über die Jahre kann ein vernünftig ausgestattetes Materiallager entstehen, welches dann auch "Ehemaligen" zur Verfügung stehen könnte.

Abschlussfördergruppe (AFG)

Die AFG dient der Vorbereitung auf das Leben nach der Schule. Der eine wichtige Bereich ist dabei die Vorbereitung auf das Erwerbsleben. Anhand des Schullandheimaufenthaltes ist aufgezeigt worden, welchen Beitrag hier eo Angebote leisten können. Die AFG soll aber auch in andere Lebensbereiche hieneingreifen: Wohnen, Familie / Beziehung, Finanzen, (Frei-)Zeitgestaltung etc.. Für den letztgenannten bietet sich ein eo Angebot an.

Es sollte dabei darum gehen, die Jugendlichen mit Möglichkeiten bekannt zu machen, wie sie ihre "Freizeit" spannend und dennoch kostendämmend gestalten können, sei dies mit Freunden oder alleine. Dies könnten z.B. Übernachtungen unter freien Himmel, am Lagerfeuer, vielleicht sogar ein Winterbiwak sein. Wer entsprechend geeignete Orte kennt und mit dem nötigen Wissen und Erfahrung im Outdoorleben ausgestattet ist, kann solche Aktionen später leicht und billig selber inszenieren und bei den Kumpels als Fachmann auftreten. Diese einfachen Grundlagen lassen sich auch für eine kostengünstige Urlaubsplanung nutzen.

Des Weiteren sollten Jugendliche mit verschiedenen Aktivitäten bekannt gemacht werden. So kann in verschiedene Outdoor- oder Abenteuersportarten hineingeschnuppert und erste Erfahrungen gesammelt werden, z.B. Klettern, Trecking / Haiking, Paddeln, Höhlenbefahrung. Hierbei gilt es zu beachten, dass Angebote so gestaltet werden, dass sie auf eine selbstständige Betätigung in dieser Aktivität hin orientieren. Das beinhaltet zum einen, den Erwerb gewisser Grundkenntnisse und die notwendige realistische Einschätzung des eigenen Könnens im Vergleich zu den zu erwartenden Anforderungen; zum anderen sollte frühzeitig eine Verbindung zu Veranstaltern und Vereinen im entsprechenden Bereich hergestellt werden, wie schon unter dem Punkt AG beschrieben.

Material für die Unternehmungen ist z.T. vorhanden (Zelte, Schlafsäcke, Boote...), muss geliehen oder auf längere Sicht angeschafft werden. Vorgespräche mit einem Singener Klettergeschäft ergaben, dass es dort möglich ist, Klettermaterial günstig zu leihen.
 

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4.5.5. Schlussbemerkung

4.5 Konzeptionelle Überlegungen
    4.5.1. Zeitnutzungsschemata
    4.5.2 Reformprozess, Zeitleiste, Kontrolle
    4.5.3 Inhalte und Altersstufen
    4.5.4 Konkrete Vorschläge
    4.5.5 Schlussbemerkung

Man mag bemängeln, dass die von mir präsentierten Vorschläge in ihrer Anzahl nicht ausreichen oder dass sie nicht genügend konkret ausgearbeitet wurden. Ich meine jedoch, dass in dieser Arbeit eine solche Fülle von Erfahrungen und Ideen zusammengetragen wurden, dass LehrerInnen, die entsprechende Anregungen suchen, sicherlich fündig werden. Aus der Vielzahl der Möglichkeiten, Passendes herauszusuchen, eigene Erfahrungen damit zu machen, Aktionen den eigenen Bedingungen anzupassen und weiterzuentwickeln und schließlich die Erfahrungen zu systematisieren und in einem Konzept zu verdichten, ist ein Prozess, den nur die entsprechenden Lehrkräfte mit ihrem Kollegium leisten können.

Ich wünsche ihnen dabei viel Erfolg und hoffe, dass meine Arbeit hierfür hilfreich ist.

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